Nach über zwanzig gemeinsamen Jahren hat Sandrine genug von ihrem Mann Christophe. Vorbei sind die Zeiten wilder Romantik und verliebter Neckereien. Christophe ist kaum noch zu Hause und hört obendrein nie seine Sprachnachrichten ab. Mit Erlaubnis ihrer fast erwachsenen Kinder Bastien und Loreleï fordert Sandrine die Scheidung. In der Hoffnung, seine Ehe zu retten, schlägt Christophe ein letztes gemeinsames Wochenende mit den Kindern vor, um die Orte zu besuchen, die ihre Familiengeschichte geprägt haben. Doch wie so vieles in seinem Leben verläuft der Roadtrip nicht ganz wie geplant.
Als Subgenre der US-Screwball-Komödie entwickelte sich in den 1930er und -40er Jahren die sogenannte Comedy of Remarriage. In Klassikern wie „Die schreckliche Wahrheit“ (1937) von Leo McCarey oder „Sein Mädchen für besondere Fälle“ (1940) von Howard Hawks erkannten zerstrittene (Ex-)Ehepaare letztendlich, dass sie immer noch zusammengehören. Mit Werken wie „Akropolis Bonjour – Monsieur Thierry macht Urlaub“ (2022) oder „Ticket ins Paradies“ (2022) wurde diese erzählerische Tradition in moderat modernisierter Form im internationalen Kino fortgeführt.
Auch das tragikomische Roadmovie Es liegt an dir, Chéri des französischen Drehbuchautors und Regisseurs Florent Bernard scheint diese dramaturgische Marschrichtung einzuschlagen. Zu Beginn wird uns im Laufe des Vorspanns im Rahmen einer Montagesequenz der Auftakt und die Entwicklung einer mehr als zwei Dekaden umfassenden Liebesbeziehung in rasanten Sprüngen gezeigt – vom stürmischen Kennenlernen und der ersten gemeinsamen Wohnung über das erste eigene Haus und Haustier bis zur Geburt und zum Aufwachsen der zwei Kinder. Gegen Ende dieser Folge von Ereignissen wird die Stimmung spürbar negativer – was vor allem daran liegt, dass die Ehefrau ihren Gatten nie per Telefon erreichen kann.
Bei dem Ehepaar, dessen Leben wir hier in der Schnellzusammenfassung präsentiert bekommen, handelt es sich um Sandrine (Charlotte Gainsbourg) und Christophe Leroy (José Garcia). Sandrine arbeitet in einem Reisebüro; Christophe ist als Mietwagenhändler tätig und ständig busy. Der Nachwuchs im Jugendalter, Bastien (Hadrien Heaulmé) und Loreleï (Lily Aubry), kämpft derweil mit den üblichen Teen-Sorgen. Als Sandrine die beiden am Frühstückstisch betont nonchalant fragt, ob sie für eine Trennung der Eltern Verständnis hätten, scheinen sie die Entscheidung ihrer Mutter ziemlich gut nachvollziehen zu können.
Christophe hingegen will absolut nicht akzeptieren, dass die langjährige Ehe gescheitert sein soll. Darum bittet er Sandrine und die zwei Kids um einen Wochenendausflug zu viert, bei dem sie sich auf die Spuren der familiären Schlüsselmomente begeben wollen. So werden Orte der Vergangenheit aufgesucht – doch natürlich verläuft die Reise bei Weitem nicht so harmonisch und romantisch, wie Christophe sich das vorgestellt hat.
Es liegt an dir, Chéri begeht erfreulicherweise nicht den Fehler, die Konflikte eines Ehepaares und einer Familie mit einer Reihe von heiteren, hübschen Situationen im Dienste einer möglichst versöhnlich-glücklichen Auflösung zu überzuckern und dadurch jede Glaubwürdigkeit zu zerstören. Wenn sich Christophe etwa bemüht, durch eine Gesangseinlage in einem von Erinnerungen geprägten Restaurant die frustrierte Sandrine zu beeindrucken, wird die Flamme nicht einfach wie von Zauberhand (beziehungsweise durch die Magie des Kinos) neu entfacht. Vielmehr verdeutlicht der Film, dass es manchmal für alle Beteiligten das Beste und Heilsamste ist, loszulassen, statt krampfhaft an etwas festzuhalten.
Insbesondere Charlotte Gainsbourg liefert dabei eine feinfühlige Darbietung – von einer kleinen emotionalen Eskalation am Arbeitsplatz über die Unsicherheiten im Umgang mit ihren zwei Kindern bis zum Gefühl von Befreiung. Der Film variiert die Erzählmuster klassischer Vorbilder auf eine Art, die dem Ganzen etwas angenehm Lebensnahes verleiht.
(aus „Kino-Zeit“)
Schauspieler: Charlotte Gainsbourg, Jose Garcia, Lily Aubry
Regie: Florent Bernard
Genre: Drama und Komödie
Dauer: 102 Min
Zulassung: ab 12 Jahre
Land: Frankreich
Erscheinungsdatum: 2025
Freitag, 31. Jänner 18.00 Uhr (Saal 1)
Samstag, 01. Februar 20.00 Uhr (Saal 1)