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Kino Katsdorf

KONKLAVE

Der Papst ist tot und Kardinäle aus allen Ecken der Welt eilen nach Rom, um bei einem Konklave eine neue Spitze für die katholische Kirche zu bestimmen. Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) ist mit der schwierigen Aufgabe betraut, das Prozedere zu leiten. Denn es geht hier nicht nur um einen seit Jahrhunderten geltenden Ablauf, sondern auch um knallharte Politik. Wer wird schon freiwillig Papst? Die Kardinäle schachern um Macht und Geld, Gesinnungen prallen aufeinander, während Tausende auf dem Petersplatz auf weißen Rauch warten. Edward Berger („Im Westen nichts Neues“) serviert mit diebischem Vergnügen einen packenden Polit-Thriller über die Machtstrukturen im Vatikan.

INHALT:

Nach seinem Oscar-Hit „Im Westen nichts Neues“ (2022) hat der Regisseur Edward Berger mit seinem Folgewerk „Konklave“ ein weiteres Mal einen Roman verfilmt: den gleichnamigen Vatikan-Thriller des Briten Robert Harris aus dem Jahr 2016, adaptiert von Drehbuchautor Peter Straughan. Die Wahl eines neuen Papstes, die darin geschildert wird, dient Berger als Grundlage für eine Spannungsinszenierung, die an das Verschwörungs- und Paranoia-Kino der 1970er Jahre erinnert, insbesondere an die New-Hollywood-Klassiker von Alan J. Pakula, etwa „Klute“ (1971) und „Die Unbestechlichen“ (1976), aber auch an dessen spätere Arbeiten, wie „Aus Mangel an Beweisen“ (1990) oder „Die Akte“ (1993).

Von Anfang an liegt hier ein Gefühl von Intrige in der Luft. Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes), der Dekan des Konklaves, wird herbeigerufen, als der bis dato amtierende Papst an einem Herzinfarkt stirbt. Rasch ergeben sich Irritationen. Warum wurde Lawrence erst so spät benachrichtigt? Worum ging es im letzten Treffen zwischen dem Papst und Kardinal Tremblay (John Lithgow), der nun offenbar Ambitionen hegt, dessen Nachfolge anzutreten? Die Kameraführung von Stéphane Fontaine und der Score von Volker Bertelmann sorgen schon im Auftakt gekonnt für eine unbehagliche Atmosphäre, die auf das sich anschließende Machtspiel hinter verschlossenen Türen einstimmt.

Drei Wochen nach dem Todesfall reisen die Kardinäle aus aller Welt an, um ein neues Oberhaupt der katholischen Kirche zu wählen. Während Lawrence den eher liberal denkenden Kardinal Bellini (Stanley Tucci) unterstützen will, scheinen neben Tremblay insbesondere zwei betont konservative Kandidaten Chancen zu haben: der Italiener Tedesco (Sergio Castellitto) und der Nigerianer Adeyemi (Lucian Msamati). In letzter Minute trifft noch der aus Mexiko stammende Kardinal Benitez (Carlos Diehz) ein, der ohne das Wissen der übrigen Kardinäle in Kabul aktiv war. Dieser sieht wiederum in Lawrence den geeignetsten Nachfolger – obwohl dieser sich so bald wie möglich vom Heiligen Stuhl zurückziehen möchte.

Ralph Fiennes ist in der Hauptrolle ein absolutes Schauspielereignis – da er hier einen Mann in einer (Glaubens-)Krise verkörpern muss, dessen Zweifel größtenteils nicht verbalisiert werden, sondern sich nur im Gesicht der Figur widerspiegeln. Hin und wieder bricht bei Lawrence etwas Impulsives, Unbeherrschtes hervor; weitgehend zeigt sich der Denk- und Leidensprozess des Protagonisten aber lediglich in subtilen Gesten, die Fiennes perfekt beherrscht. Umgeben ist er dabei von einem superben internationalen Cast. Neben all der männlich-patriarchalischen Rivalität behauptet sich Isabella Rossellini als Schwester Agnes, die oft bloß Augen- und Ohrenzeugin ist, manchmal jedoch geschickt ihre Fähigkeiten zum Einsatz bringt (denn wer kann an diesem Ort schon ein Kopiergerät bedienen?) und an einer Stelle einen herrlichen Mic-Drop-Moment hat, der Szenenapplaus verdient.

Berger nimmt seine Figuren ernst, baut indes auch Humor und Absurdität in das Geschehen ein. Vor allem gelingt es ihm, jede einzelne Aufnahme trotz des Kammerspielcharakters der Story nach einem Film aussehen zu lassen, der wirklich die ganz große Leinwand benötigt – mit einnehmenden Bildkompositionen, satten Farben und zahlreichen originellen Details. Die Versiegelung einer Tür, die Verbrennung von Stimmzetteln, die Entdeckung eines verborgenen Dokuments – alles wird hier mit kinematografischer Gravitas aufgeladen, die dennoch immer im Dienst der Geschichte steht und dadurch nichts Selbstzweckhaftes an sich hat. Nach und nach kommen (bewusst) verschüttete Wahrheiten ans Licht – bis zu einem Ende, das vielleicht zu schön ist, um wahr zu sein. Aber auch das ist nun mal die Magie des Kinos.

(aus „Kino Zeit“)

 

DETAILS:

Schauspieler: Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow
Regie:  Edward Berger
Genre: Drama
Dauer: 120 Min
Zulassung:  ab 12 Jahre
Land: USA/Großbritannien
Erscheinungsdatum: 2024

 

SPIELZEIT:

ab 25. Dezember bei uns!